Gesetzesverschärfungen für Selbstanzeigen ab Januar 2015

Gesetzesverschärfungen für Selbstanzeigen ab Januar 2015

Prominenente Einzelfälle und heftige öffentliche Diskussionen zum Thema „Selbstanzeige“ haben die Bundesregierung dazu veranlasst, erhebliche Verschärfungen der gegenwärtigen Rechtslage vorzubereiten. Das geht aus einem am 27. August 2014 vom Bundesfinanzministerium veröffentlichten Referentenentwurf zur Änderung der Abgabenordnung (AO-E) hervor. Nach dem Entwurf sollen die neuen Vorschriften grundsätzlich ab 1. Januar 2015 anwendbar sein.

Von besonderer praktischer Bedeutung sind dabei die folgenden Punkte:

1. Verlängerte Festsetzungsfristen

Der Beginn der bei Steuerhinterziehungen gültigen Festsetzungsfrist von 10 Jahren, nach deren Ablauf Festsetzungsverjährung eintritt, soll bei bestimmten nicht deklarierten ausländischen Kapitalerträgen erheblich nach hinten verschoben werden (§170 Abs. 6 AO-E).

Bislang beginnt die Fristsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung abgegeben wird, spätestens jedoch mit Ende des dritten Jahres, nach dem die Steuer entstanden ist. Zukünftig soll die Frist spätestens 10 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres beginnen, in dem die Steuer entstanden ist. Dabei ist zu beachten, dass diese Fristverlängerung für alle am 1. Januar 2015 noch nicht abgelaufenen Festsetzungsfristen gelten soll, also auch zahlreiche Altfälle erfasst.

Sachlich hiervon betroffen sind Kapitalerträge aus Ländern, die nicht zur EU oder EFTA gehören und mit denen keine vertraglichen Regelungen über automatische Amtshilfe bzw. Informationsaustausch bestehen wie z.B. Dubai oder Hongkong. In solchen Fällen wird es dem Fiskus zukünftig möglich sein, deutsche Besteuerungsansprüche auch noch über 20 Jahren nach ihrer Entstehung durchzusetzen.

2. Verzinsung von Steuernachzahlungen

Bislang tritt Straffreiheit nach einer Selbstanzeige ein, wenn der Täter die hinterzogenen Steuern fristgerecht an die Finanzkasse entrichtet. Zukünftig soll die Steuernachzahlung allein hierfür nicht mehr ausreichend sein.

Stattdessen sieht § 371 Abs. 3 AO-E vor, dass der Täter zusätzlich die Zahlung der Zinsen auf die Steuernachforderung zu leisten hat. Da der Zinssatz mit 6 % p. a. deutlich über dem Marktzins liegt und der Verzinsungszeitraum zwischen Steuerhinterziehung und Selbstanzeige häufig mehr als 10 Jahre beträgt, können hierdurch für den Täter erhebliche Mehrbelastungen zustande kommen.

3. Verlängerte Verjährungsfrist

Die strafrechtliche Verjährungsfrist von 10 Jahren gilt gegenwärtig nur in Fällen der besonders schweren Steuerhinterziehung. Ansonsten beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre. Nunmehr ist geplant, die Verjährungsfrist für alle Formen der Steuerhinterziehung einheitlich auf 10 Jahre festzusetzen.

Als Folge daraus muss zukünftig auch bei einer einfachen Steuerhinterziehung eine Nacherklärung der hinterzogenen Steuern für 10 Jahre vorgenommen werden. Bislang brauchte der Steuerpflichtige für Zeiträume, die strafrechtlich bereits verjährt waren, keine detaillierten Angaben zu machen. Vielmehr ist es in derartigen Fällen häufig zu Schätzungen durch die Finanzämter gekommen. Durch die vorgesehene Gesetzesänderung wird diese Praxis nicht mehr möglich sein und der Steuerpflichtige erhebliche Anstrengungen unternehmen müssen, um die hinterzogenen Steuern für den kompletten Zeitraum vollumfänglich nachzuerklären, um straffrei zu bleiben. Die praktischen Probleme bei der Umsetzung der Vorschrift dürften ganz erheblich sein – man denke nur an die komplizierten Fragen bei Finanzinnovationen oder der Fondsbesteuerung.

4. Erhöhung des Strafzuschlages

Schon bislang wurde bei Steuerhinterziehungen mit einem Umfang von über EUR 50.000 (je Jahr und Steuerart) nur Straffreiheit gewährt, wenn neben der Rückzahlung der hinterzogenen Steuer ein zusätzlicher Geldbetrag (Strafzuschlag) in Höhe von 5 % der hinterzogenen Steuern entrichtet wurde.

Ab 1. Januar 2015 soll der Schwellenwert, ab dem der Strafzuschlag anfällt, auf EUR 25.000 sinken (§ 371 Abs. 2 Nr. 3 AO-E). Daneben wird der Strafzuschlag je nach Höhe der hinterzogenen Steuer gestaffelt (§ 398 a Abs. 1 Nr. 2 AO-E): Bei einem Hinterziehungsbetrag bis in Höhe von EUR 100.000 soll er 10 % betragen, zwischen EUR 100.000 und EUR 1.000.000 15 % ausmachen und 20 % erreichen, wenn der Hinterziehungsbetrag EUR 1 Mio. übersteigt.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass neben der hinterzogenen Steuer und dem Strafzuschlag zukünftig auch die Verzinsung aufzubringen ist. Die finanziellen Auswirkungen dieser Änderung sind beträchtlich. Wurden z. B. im Laufe von 10 Jahren EUR 1,2 Mio. Steuern hinterzogen, ist ein Strafzuschlag von EUR 240.000 aufzubringen. Die nachzuzahlenden Zinsen betragen EUR 720.000. Zusammen mit der nachzuzahlenden Steuer ergibt sich damit ein Betrag von insgesamt EUR 2,16 Mio., was eine Mehrbelastung in Höhe von 80 % gegenüber dem Status Quo bedeutet.

Es lässt sich feststellen, dass der Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums die Hürden für strafbefreiende Selbstanzeigen deutlich anheben will. Der Beginn der Festsetzungsfrist für bestimmte ausländische Kapitalerträge wird deutlich nach hinten verschoben. Vor diesem Hintergrund spricht vieles dafür, von den jetzigen gesetzlichen Regelungen Gebrauch zu machen und Selbstanzeigen möglichst noch in diesem Jahr abzugeben. Für ein persönliches Gespräch stehen wir gerne zu Ihrer Verfügung.

Executive Summary

Intense public debates about “self-reporting” have led the previous assessment period of ten years – in cases of investment income in countries like Dubai or Hong Kong – to be extended to up to twenty years. In future, the penal limitation of action of ten years, currently only applying to aggravated tax evasion, will apply to all forms of tax evasion. The so-called “penalty surcharge” (previously 5 % of the tax evaded) will be differentiated and increased according to the amount of taxes evaded (10 % to EUR 100,000, 15 % to EUR 1,000,000, 20 % if more than EUR 1,000,000).

Frankfurt, 08. September 2014 – SVO/JHB