Neues zum Schuldzinsenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
1. Hintergrund
Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung weisen eine besonders große Nähe zur privaten Lebensführung auf. Die Trennlinie zwischen der steuerlich relevanten Erzielung von Einkünften und der steuerlich irrelevanten Liebhaberei ist im Einzelfall nur schwer zu ziehen. Immer wieder kommt es daher zu Rechtsstreitigkeiten zwischen der Finanzverwaltung und dem Steuerpflichtigen.
Besonders umstritten ist häufig die Frage nach der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen. In diesem Bereich hat sich eine umfangreiche einzelfallbezogene Rechtsprechung entwickelt, die nur noch schwer zu überblicken ist. Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben nunmehr einige BFH-Urteile aus dem Jahr 2014 zum Anlass genommen, um in einem neuen Erlass vom 27.07.2015 (Az.: IV C 1-S 2211/11/10001) verschiedene Fallgruppen zu regeln.
2. Schuldzinsen für fremdfinanzierte Mietobjekte nach ihrer Veräußerung
Der BFH hat einen Fall entscheiden müssen, bei dem es um die Frage der Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen bei einem fremdfinanzierten Mietobjekt gegangen ist, dessen (steuerfreie) Veräußerung mehr als 10 Jahre nach der Anschaffung nicht von § 23 EStG erfasst wurde. Das Urteil des BFH vom 08.04.2014 IX R 45/13 (zur Veröffentlichung im Bundessteuerblatt II 2015 vorgesehen) stellt fest, dass es für einen möglichen Werbungskostenabzug nach dem Verkauf des Objekts entscheidend darauf ankomme, wie der Veräußerungserlös verwendet wird. Komme es zur Anschaffung eines neuen Mietobjekts, bestehe weiterhin ein Veranlassungszusammenhang zwischen Schuldzinsen und Einkünften gem. § 21 EStG, so dass auch Werbungskostenabzug möglich bleibe. Würde hingegen kein neues Mietobjekt erworben, komme es darauf an, ob der Veräußerungserlös zur Schuldentilgung verwendet oder anderen Zwecken zugeführt werde. Nur bei einer vorrangigen Schuldentilgung ist aus Sicht des BFH ein weiterer Werbungskostenabzug zulässig. Wird der Veräußerungserlös nicht zur Schuldentilgung verwendet, wird dadurch die in der Vergangenheit bestehende Einkunftserzielungsabsicht überlagert, so dass der Werbungskostenabzug für die Zukunft entfällt. Der neue Erlass der Finanzverwaltung schließt sich dieser Auslegung an.
3. Schuldzinsen für fremdfinanzierte Mietobjekte nach Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht
Mit dieser Frage hat sich das BFH-Urteil vom 21.01.2014 IX R 34/12 (zur Veröffentlichung im Bundessteuerblatt II 2015 vorgesehen) auseinandergesetzt. Hier kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass für Schuldzinsen, die in der Zeit nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht vor einer Veräußerung des Mietobjekts gezahlt werden, kein weiterer Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zulässig sei. Aus der Sicht des BFH stehen diese Schuldzinsen nicht mehr mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in wirtschaftlichem Zusammenhang. Sie sind vielmehr Gegenleistung für eine Kapitalüberlassung, die im privaten Bereich stattfindet und daher steuerlich unbeachtlich ist. Auch dieses Urteil will die Finanzverwaltung allgemein anwenden.
4. Vorfälligkeitsentschädigungen für die Ablösung einer Fremdfinanzierung
Unter Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung hat der BFH in seinem neuen Urteil vom 11.02.2014 IX R 42/13 (zur Veröffentlichung im Bundessteuerblatt II 2015 vorgesehen) entschieden, dass ein Steuerpflichtiger die für die vorzeitige Ablösung seiner Darlehensschuld zwecks lastenfreier Veräußerung eines Mitobjekts zu leistende Vorfälligkeitsentschädigung nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen darf. Seine eigene anders lautende ältere Rechtsprechung (insbesondere das BFH-Urteil vom 23.04.1996 IX R 5/94, Bundessteuerblatt II 1996, Seite 595) erklärt der BFH nunmehr für überholt. Auch die Finanzbehörden schließen sich der geänderten Rechtsprechung des BFH an.
Die neue Sichtweise wird damit begründet, dass das auslösende Moment für die Vorfälligkeitsentschädigung nicht die Erzielung laufender Einkünfte aus dem Mietobjekt, sondern dessen Veräußerung ist. Diese Veräußerung ist aber in der Regel steuerfrei, wenn sie außerhalb der zeitlichen Grenzen des § 23 EStG erfolgt. Kommt es ausnahmsweise doch zu einer Besteuerung gem. § 23 EStG, wird eine Vorfälligkeitsentschädigung als Teil der Veräußerungskosten bei der Einkünfteermittlung berücksichtigt.
Neben der geänderten steuerlichen Behandlung der Vorfälligkeitsentschädigungen dürfen Immobilieneigentümer nicht übersehen, dass die Banken im Allgemeinen die Höhe der Entschädigung nicht kundenfreundlich kalkulieren. Sie versuchen vielmehr, die ihnen entgehenden zukünftigen Zinseinnahmen möglichst weitgehend durch die Vorfälligkeitsentschädigung auf einen Schlag zu kompensieren. Dadurch wird der Immobilieneigentümer zukünftig im Ergebnis doppelt benachteiligt: Zum einen finanziell durch erhebliche Zahlungen an die Bank, zum anderen steuerlich durch den Wegfall des Werbungskostenabzugs.
5. Folgen für die Praxis
Die vorstehenden Erläuterungen zeigen, wie wichtig eine sorgfältige Vertragsgestaltung für einen möglichst umfassenden Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist. Bereits im Vorfeld anstehender Veränderungen (z.B. Verkauf von Objekten, Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht) sollten Immobilieneigentümer Kontakt zu einem sachkundigen steuerlichen Berater aufnehmen, um die Möglichkeiten zur Sicherung eines weitgehenden Werbungskostenabzuges zu prüfen. Ansonsten besteht die erhebliche Gefahr, dass substantielle Kosten des Steuerpflichtigen möglicherweise in Zukunft steuerlich nicht mehr abziehbar sein werden. Wir helfen Ihnen bei der Planung und Umsetzung entsprechender Projekte.
Executive Summary
Debt interest deduction plays an important role in income from rent and lease. The highest financial authorities of the Federal Government and the States issued a new decree on 27 July 2015. It should be emphasised that prepayment charges for an early redemption with the purpose of an unencumbered sale of a property can in principle not be deducted as professional expenses (contrary to the previous legal position). Exceptions can only be made if the sales revenues are subject to taxation according to section 23 Income Tax Act.
SVO / JHB – Frankfurt, den 30.09.2015