„Panama-Papers“ und die Folgen – Entwurf des Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes

„Panama-Papers“ und die Folgen – Entwurf des Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes

1. Zum Hintergrund

Im April 2016 sind durch ein internationales Journalistennetzwerk die sogenannten „Panama-Papers“ veröffentlicht worden. Dadurch ist insbesondere die Existenz zahlreicher sogenannter „Briefkastengesellschaften“ in Panama einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. Viele prominente Persönlichkeiten hatten, so die entstandene Wahrnehmung, durch die Gründung derartiger Gesellschaften versucht, Vermögensverhältnisse, Zahlungsströme und wirtschaftliche Aktivitäten zu verschleiern. Das könnte es ihnen ermöglicht haben, für sie bestehende steuerliche Verpflichtungen zu umgehen.

Als Briefkastengesellschaften sind nach dem Recht des betreffenden Sitzstaates formal korrekt errichtete Unternehmen anzusehen, die zwar rechtlich existieren, jedoch in diesem Staat tatsächlich keine wirtschaftlichen Aktivitäten entfalten. Die Gründung und Unterhaltung derartiger Gesellschaften ist nicht von vornherein illegal. Um aber in diesem Bereich für erhöhte Transparenz zu sorgen, hat das Bundesfinanzministerium am 01.11.2016 den Referentenentwurf eines Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes (StUmgBG) veröffentlicht, der unter anderem zahlreiche Änderungen der AO vorsieht. Die wichtigsten Punkte daraus sollen nachstehend vorgestellt werden.

2. Kernpunkte des Gesetzentwurfs

Im Wesentlichen zielt der Referentenentwurf darauf ab, mehr Transparenz bei beherrschenden Geschäftsbeziehungen inländischer Steuerpflichtiger zu Personengesellschaften, Körperschaften oder Vermögensmassen mit Sitz oder Geschäftsleitung in Staaten oder Territorien, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder Europäischen Freihandelsassoziation (diese umfasst Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz) sind, herzustellen. Im Interesse einer einfachen praktischen Umsetzung soll es dabei unerheblich sein, ob solche Gesellschaften eigene wirtschaftliche Aktivitäten entfalten oder nicht.

a) Erweiterung von Anzeigepflichten gemäß § 138 Abs. 2 AO

Bisher schreibt § 138 Abs. 2 AO vor, dass Steuerpflichtige den Erwerb von Beteiligungen an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen mitzuteilen haben, wenn damit insbesondere eine unmittelbare Beteiligung i. H. v. 10 % oder eine mittelbare Beteiligung i. H. v. 25 % erreicht wird. Diese Meldung ist fünf Monate nach Ablauf des Kalenderjahres vorzunehmen, in dem das meldepflichtige Ereignis eingetreten ist.

Zukünftig soll die Schwelle für die Mitteilung einheitlich für mittel- und unmittelbare Beteiligungen 10 % betragen. Auch muss nun die Art der wirtschaftlichen Tätigkeit der Beteiligungsgesellschaft mitgeteilt werden. Mitzuteilen ist ferner die Veräußerung der Beteiligung. Alle diese Mitteilungen sollen elektronisch zusammen mit der Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuererklärung an die Finanzbehörden erfolgen.

b) Mitteilungen gemäß § 138 Abs. 3 AO

Über die eben beschriebenen Mitteilungen nach § 138 Abs. 2 AO hinaus verlangt § 138 Abs. 3 AO eine zusätzliche Mitteilung des Steuerpflichtigen für den Fall, dass er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen erstmals unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf eine Briefkastengesellschaft ausübt, wenn diese außerhalb der Europäischen Union bzw. der Europäischen Freihandelsassoziation domiziliert. Darüber hinaus müssen Aufzeichnungen und Unterlagen über eine derartige Geschäftsbeziehung einschließlich aller damit verbundenen Einnahmen und Ausgaben sechs Jahre lang aufbewahrt werden (§ 147 Abs. 2 AO).

Auch wird in Fällen der Einkünfteerzielung mit Hilfe einer Briefkastengesellschaft gemäß § 170 Abs. 6 AO der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben. Sie soll zukünftig frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres beginnen, in dem die vorgeschriebene Mitteilung des Steuerpflichtigen erfolgt ist, spätestens jedoch 10 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

c) Mitteilungspflichten Dritter

Insbesondere Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsunternehmen und Finanzanlagevermittler müssen künftig gemäß § 138 b AO von ihnen hergestellte oder vermittelte Beziehungen zu Briefkastengesellschaften ihrem zuständigen Finanzamt gesondert mitteilen.

Das betrifft etwa den Fall, dass die genannten Unternehmen eine Beteiligung von mindestens 30 % am Kapital oder Vermögen einer Briefkastengesellschaft an einen inländischen Steuerpflichtigen veräußern. Auch sollen die Unternehmen dann eine Mitteilung vornehmen, wenn ihnen bekannt ist, dass sie dem inländischen Steuerpflichtigen das Erreichen eines beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf eine solche Briefkastengesellschaft ermöglicht haben.

d) Bußgeld- und Strafvorschriften

Eine Verletzung der oben genannten Mitteilungspflichten wird als Ordnungswidrigkeit i. S. v. § 379 AO eingestuft. Steuerpflichtige, die die Mitteilungspflichten nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllen, können mit einer Geldbuße bis zu 25.000 € belangt werden. Bei den Finanzunternehmen erhöht sich dieser Betrag auf bis zu 50.000 €.

Ferner wird der Katalog der besonders schweren Fälle von Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 AO) erweitert. Wenn ein Steuerpflichtiger mit beherrschendem oder bestimmendem Einfluss auf eine Briefkastengesellschaft Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt, soll zukünftig eine besonders schwere Steuerhinterziehung vorliegen.

e) Abschaffung des „steuerlichen Bankgeheimnisses“

In der Praxis ist die entsprechende Vorschrift des § 30a AO seit längerem immer weiter ausgehöhlt worden. Hingewiesen sei nur auf den häufigen Ankauf sog. Steuer-CDs durch die Finanzverwaltungen einzelner Bundesländer. Insofern kommt es nicht überraschend, dass diese Norm jetzt vollständig abgeschafft werden soll.

Damit entfallen zukünftig auch Sonderregeln wie etwa § 30a Abs. 2 AO. Bislang verbietet diese Vorschrift den Finanzbehörden, von den Kreditinstituten zum Zweck der allgemeinen Überwachung die einmalige oder periodische Mitteilung von Konten bestimmter Art oder bestimmter Höhe zu verlangen. Durch den Wegfall dieser Vorschrift ist der Schutz von Steuerpflichtigen vor überschießenden Ermittlungen der Finanzverwaltung, der bislang zumindest noch partiell bestanden hat, zukünftig nicht mehr gegeben.

3. Schlussfolgerungen

Der vorliegende Referentenentwurf muss zunächst noch innerhalb der Bundesregierung abgestimmt und danach von Bundestag und Bundesrat diskutiert werden. Insofern sind Änderungen des Entwurfs denkbar. Ob sich aber an der Grundtendenz des Referentenentwurfs, nämlich dem Versuch zur Schaffung nahezu vollständiger Transparenz über die wirtschaftlichen Verhältnisse von Steuerpflichtigen, noch etwas ändert, darf bezweifelt werden.

Vor diesem Hintergrund ist insbesondere Steuerpflichtigen mit Auslandsbeziehungen zu Staaten außerhalb der Europäischen Union bzw. Europäischen Freihandelsassoziation zu empfehlen, das weitere Gesetzgebungsverfahren aufmerksam zu verfolgen. Eventuell in der Vergangenheit unterlassene Mitteilungen und Meldungen an die Finanzbehörden sollten möglichst bald nachgeholt werden. Wir unterstützen Sie gerne dabei.

Frankfurt am Main, den 18.12.2016 – SVO / JHB