Risikogeschäfte als verdeckte Gewinnausschüttung – ein neuer Erlass des Bundesfinanzministeriums
In der Besteuerungspraxis der juristischen Personen (Körperschaften) spielt die verdeckte Gewinnausschüttung eine wichtige Rolle. Zahlreiche finanzgerichtliche Entscheidungen und Verwaltungsanweisungen belegen dies. Bei Betriebsprüfungen kommt es häufig zu Diskussionen zwischen den Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung, ob Aufwendungen aufgrund allein der Verbundenheit zwischen Gesellschaft und Gesellschafter getätigt worden sind bzw. ein eigenes wirtschaftliches Interesse der Gesellschaft fehlt. Oft entsteht bei den Steuerpflichtigen der Eindruck, die Finanzverwaltung benutze das Mittel der „verdeckten Gewinnausschüttung“ als Mittel zur Korrektur unternehmerischer Entscheidungen, mit dem sie versucht, die rechtliche Trennung zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern aufzuheben und dadurch die steuerliche Abzugsfähigkeit der entsprechenden Aufwendungen zu versagen.
Vor dem Hintergrund dieser Sachlage ist es erfreulich, dass einneuer Erlass des Bundesfinanzministeriums vom 14.12.2015 (Geschäftszeichen: IV C 2-S 2742/07/10004), der sich mit verdeckten Gewinnausschüttungen im Zusammenhang mit Risikogeschäften befasst, die bisherige restriktive Sichtweise der Finanzverwaltung aufgibt.
Als Risikogeschäfte sind insbesondere Warentermin-, Options- bzw. Devisengeschäfte oder Spekulationsgeschäfte anzusehen, die im Namen und für Rechnung einer Kapitalgesellschaft durchgeführt werden. Entgegen der Rechtsprechung des BFH war nach bisheriger Verwaltungsauffassung zumindest dann eine verdeckte Gewinnausschüttung bejaht worden, wenn entsprechende Geschäfte nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft (völlig) unüblich waren, sie mit hohen finanziellen Risiken einhergehen und private Spekulationsabsichten der Gesellschafter nicht auszuschließen waren. Diese Auffassung haben sich in der Vergangenheit viele Betriebsprüfer zu Nutze gemacht, um bei einschlägigen Sachverhalten verdeckte Gewinnausschüttungen zu bejahen -/ und dadurch steuerliche Mehrergebnisse zu erzielen.
In dem neuen Erlass-Schreiben des Bundesfinanzministeriums hat sich nach vielen Jahren der Ablehnung nun inhaltlich den BFH-Urteilen vom 08.08.2001 (I R 106/99) bzw. vom 31.03.2004 (I R 83/03) angeschlossen. Damit besteht nun für die Praxis Klarheit darüber, dass der Abschluss von Risikogeschäften durch die Körperschaft als solche nicht die Annahme rechtfertigt, das Geschäft bediene private Motive oder Interessen der Gesellschafter. Das Bundesfinanzministerium stellt ausdrücklich fest, dass die Kapitalgesellschaft frei sei, Risikogeschäfte einzugehen und die damit verbundenen Chancen wahrzunehmen, aber auch Verlustrisiken zu tragen. Das soll auch dann gelten, wenn der Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und den Einnahmen aus den Risikogeschäften einerseits und dem eigentlichen Unternehmensgegenstand der Gesellschaft andererseits ein allenfalls entfernter ist. Der neue Erlass folgt somit der Trennungstheorie: Die Körperschaft ist als juristische Person des privaten Rechts selbstständiges Steuersubjekt (gegenüber ihren Gesellschaftern).
Zukünftig müssen Steuerpflichtige aber auch damit rechnen, dass es in Betriebsprüfungen Diskussionen zur Frage gibt, ob im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen vorliegen. Insofern ist die Klarstellung des Bundesfinanzministeriums zu den Risikogeschäften nur eine punktuelle Klärung. Um auf der „sicheren Seite“ zu sein, empfiehlt es sich für die Steuerpflichtigen, sich durch geeignete (vertragliche, schriftliche) Dokumentation über die jeweilige Transaktion sorgfältig auf Betriebsprüfungen vorzubereiten. Wir unterstützen Sie gerne dabei.
SVO / JHB – Frankfurt, den 08.01.2016